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Online Forum Strafverteidigung

Am 14. November ist es soweit: Das ONLINE FORUM STRAFVERTEIDIGUNG 2021 hebt wieder ab und nimmt euch mit auf eine vierwöchige Reise durch die unendlichen Weiten des Straf- und Strafverfahrensrechts, der Kriminologie und der Rechtspolitik.

16 VERANSTALTUNGEN –
– MEHR ALS 30 MÖGLICHE FORTBILDUNGSSTUNDEN –
– FAO-KONFORM & PANDEMIESICHER –

Vom 14. November bis 12. Dezember 2021.
Jetzt hier anmelden

Teilnahmebeitrag:
Mitglieder: 350 € (294,12 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 55,88 €)*
Nichtmitglieder: 500 € (420,17 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 79,83 €)
junge Kolleg*innen: 250 € (210,08 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 39,92 €)
Student*innen & Referendar*innen: 100 € (84,03 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 15,97 €)
* Mitglied einer der ausrichtenden Strafverteidigervereinigungen (Übersicht siehe hier)

Angemeldete Teilnehmer*innen erhalten einen Zugang zur Tagungsseite und können auf alle dort bereitgestellten Inhalte zugreifen.

Programm:

Eröffnungsveranstaltung 
Sonntag, 14. November 2021, 18.00 – ca. 20.30 Uhr
Live aus dem SO 36 / Berlin-Kreuzberg

Diskussionsrunde zur Verfolgung der sog. ›Clankriminalität‹ (zugleich Modul 1)
Modul 1:
Sonntag, 14. November 2021, 19-ca.20.30

Verfolgung der sogenannten ›Clankriminalität‹ Feindstrafrecht in der Praxis:

Unter dem Label ›Clankriminalität‹ droht sich das Tatstrafrecht hin zu einem Täterstrafrecht aufzulösen, wenn Strafverfolgung unter spezieller Ansehung der Person und ihrer familiären Herkunft betrieben wird.

Das Panel soll diesen Wandel beleuchten und kritisch hinterfragen. Eingeladen wird ein Politiker, der dieses Clanbekämpfungskonzept verfolgt, ein Betroffener, der sich in einem Podcast namens ›Clanland‹ ausführlich mit dem Thema auch abstrakt befasst hat (Mohammed Chahrour), ein Anwalt, der die Gerichtspraxis kennt und ausficht und ein Soziologe/ Kriminologe, der über die Folgen von strafrechtlicher Stigmatisierung i.S. eines Täterstrafrechts Auskunft geben kann.

Das Panel findet als Diskussionsrunde statt und wird live gestreamt.

Der Podcast ›Clanland‹ von Mohammed Chahrour und Marcus Staiger kann hier angehört werden.

Modul 2:
vorauss. 28. November 2021, 16 Uhr

Die Verteidigung suchtkranker Straftäter

Die Veranstaltung soll die Frage der Behandlung stoffgebunden suchtkranker Straftäter und der daraus resultierenden Verteidigungsmöglichkeiten beleuchten und darstellen. Der Drang der Gerichte, der Suchtproblematik von Straftätern mit therapieorientierten Sanktionen zu begegnen, hat zu einer massiven Zunahme der Anordnungen nach § 64 StGB geführt. Die Anwendung von ›Therapie statt Strafe‹ im Bereich der Betäubungsmittelabhängigen Straftäter nach § 35 BtMG hat dagegen in der Praxis immer mehr abgenommen. Gleichzeitig wächst gefühlt die Zahl der ›austherapierten‹ langjährigen Abhängigen, bei denen eine Alternative zur immer wiederkehrenden Haft gefunden werden muss.

Ziel der Veranstaltung ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen darzustellen und einen Blick hinter die Kulissen der einzelnen Therapieformen zu gewähren. In Kurzinterviews mit Ärzten, Therapeuten und Sozialarbeitern sollen der Inhalt und Ablauf einer Unterbringung nach § 64 StGB, einer stationären Maßnahme nach § 35 BtMG und sog. niedrigschwelliger Angebote (z.B. betreutes Wohnen für Substituierte) vorgestellt werden, damit der Verteidigung nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine effektive Beratung des Mandanten zur Verfügung stehen.

Die starke Zunahme der Unterbringungsanordnungen hat zu überfüllten Einrichtungen, einem erhöhten Erledigungsdrang und zu längeren Wartezeiten geführt. Wie geht es weiter, welche Konsequenzen müssen aus der Entwicklung der letzten Jahre gezogen werden? Diese Fragen sollen im Rahmen einer Diskussionsrunde behandelt werden.

Dauer der Veranstaltung: 3 Stunden

Referent*innen/Videobeiträge:
RA Prof. Dr. Helmut Pollähne, Bremen
Dr. Christian Riedemann, MRVZ Rehburg-Loccum
Conny Lausch-Jäger, Fachklinik Hase-Ems
Thomas Herbst, Betreutes Wohnen für Substituierte Walle

Leitung des Moduls: RA Joë Thérond, Osnabrück

Modul 3:
vorauss. 2. Dezember 2021, 17 Uhr

§ 63 StGB – Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus Modernes Folterinstrument oder Teil der allgemeinen Psychiatrie?

Das Modul wird sich mit rechtlichen, medizinischen und gutachterlichen Aspekten des Maßregelvollzuges beschäftigen.

Aus medizinischer Sicht wird es um den Ablauf der Behandlung, Möglichkeiten der Lockerung und Perspektiven nach der Behandlung im Maßregelvollzug gehen. Es soll aber auch um die Entwicklung der Einweisung von Betroffenen beleuchtet werden – die Zunahme an Einweisungen, das Bild der Forensik in der allgemeinen Psychiatrie und die Zulässigkeit von Zwangsbehandlungen

Aus rechtlicher Sicht wird es um Voraussetzungen der Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB; Verteidigungsmöglichkeiten – auch im Vorverfahren – im Umgang mit psychisch beeinträchtigen Mandantinnen gehen (Untersuchungshaft versus einstweilige Unterbringung nach § 126a StPO), die Verteidigung im Überprüfungsverfahren nach rechtskräftigen Abschluss des Sicherungsverfahrens während des Vollzuges der Maßregel und die aktuelle Rechtsprechung zum § 63 StGB.

Aus gutachterlicher Sicht geht es um Beobachtungen zur Entwicklungen der Anordnung nach § 63 StGB (welche Krankheitsbilder führen zur Aufhebung Minderung der Einsicht- / Steuerungsfähigkeit; welche Bedeutungen haben Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, was passiert im Hirnstoffwechsel und über welche Kenntnisse aus der Psychiatrie sollten Verteidigerinnen im Umgang im Rahmen der Verteidigung dieser Erkrankten verfügen?)

Referenten:
Dr. Med. habil. Matthias Lammel, Berlin (angefragt)
Dr. Thomas Schwarz, RiLG am Landgericht Hamburg
Dr. Med. Peter Spindler, Chefarzt Forensik im Sächsischen Krankenhaus Altscherbitz, Leipzig

Leitung des Moduls: RAin Doreen Blasig-Vonderlin, Leipzig

Modul 4:
Termin wird noch bekannt gegeben

Encrochat und IT-Forensik – Rechtliche und technische Verteidigungsansätze.

Die deutschen Strafverfolger haben einen wertvollen Datenschatz geliefert bekommen: Abgeschöpfte Chats eines Krypto-Anbieters sollen tiefe Einblicke in die organisierte Kriminalität bieten (https://www.lto.de/recht/justiz/j/encrochat-krypto-telefon-ueberwachung-daten-frankreich-deutschland-beweis-verwendung-verwertung-strafverfahren). Aber dürfen sie als Beweis vor Gericht verwendet werden?

Die Referenten erklären zunächst die technischen Grundlagen von Krypto-Chats im Speziellen und der IT-Forensik im Allgemeinen und beleuchten die denkbaren Szenarien des Zugriffs der Geheimdienste/Strafverfolger. Wie es in der Praxis technisch genau gelaufen ist, weiß man ja bekanntlich nicht, weil das bis heute ein französisches Staatsgeheimnis geblieben ist.

Danach wird die Problematik der Echtheit/Vollständigkeit der den Strafverfolgern überlassenen Daten erörtert. Wer garantiert eigentlich, dass deren Inhalt richtig ist? Wie kann die Verteidigung das effektiv kontrollieren?

Und nicht zuletzt wird die rechtliche Zulässigkeit der Übermittlung des ›Datenschatzes‹ und dessen Verwertung durch die deutsche Strafjustiz im Lichte der hierzu bereits ergangenen, rechtsstaatliche Bedenken schlichtweg ignorierenden Rechtsprechung kritisch beleuchtet und gefragt, ob es (noch) erfolgversprechende rechtliche Verteidigungsansätze gibt.

Jeder Referent trägt 45-60 Minuten vor. Anschließend jeweils 20 Minuten Zeit für Fragen und Diskussion. Die Veranstaltung ist ein Joint Venture von Strafverteidigervereinigung NRW und KAV.

Referenten: 
RA Prof. Dr. Ulrich Sommer, Köln
RA Jens Ferner, Alsdorf
RA Christian Lödden, Duisburg

Leitung des Moduls: RA Martin Schütz, Duisburg

Modul 5:
vorauss. 8. Dezember 2021

Funkzelleabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO

Themen des Moduls werden sein:

(1) Gesetzgeberische Vorstellung und praktische Bedeutung

(2) Technische Abläufe und Funktionsweise

(3) Rechtliche Voraussetzungen

(4) Fehleranfälligkeit und Verteidigungsmöglichkeiten

Leitung des Moduls: RA Jan-David Hoppe, Bonn
Rechtsanwalt Jan-David Hoppe aus Bonn ist seit vielen Jahren als Strafverteidiger im Bereich Wirtschaftsstrafrecht, Medizinrecht und Pharmarecht tätig. Seit 2013 ist er auch als Unternehmensanwalt in der Abteilung Wirtschaftsstrafrecht im Vorstandsbereich Datenschutz, Recht und Compliance eines der größten europäischen Telekommunikationskonzerne tätig.

Modul 6:
Termin vorauss. 46 KW

Verteidigung gegen die Vermögensabschöpfung

Zum 1. Juli 2017 ist – in Umsetzung der EU-Richtlinie ›über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union‹ (Richtlinie 2014/42/EU) – das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in Kraft getreten; dabei wurde – wie vom Bundesverfassungsgericht im Februar 2021 festgestellt wurde: zulässigerweise – die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung von Taterträgen von der Verjährung der Erwerbstat entkoppelt und damit die Abschöpfung von Erträgen einer Tat auch für den Fall ermöglicht, dass die Erwerbstat wegen Verfolgungsverjährung nicht mehr verfolgt werden kann.

Unter dem Motto ›Verbrechen darf sich nicht lohnen‹ sollen die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung maximiert werden.

Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat in Verfolgung dieses Zwecks den Anwendungsbereich der zuvor bereits vorhandenen Zugriffsmöglichkeiten des Staates auf Vermögenswerte seiner Bürger massiv erweitert und neue Abschöpfungsinstrumente (beispielsweise die faktisch zu einer Beweislastumkehr führende verurteilungsunabhängige Vermögensabschöpfung, die Möglichkeiten zur erweiterten und auch nachträglichen Vermögensabschöpfung sowie zur Einziehung nachträglich entdeckten Vermögens) geschaffen sowie das Bruttoprinzip dahingehend konkretisiert, dass das, was in Verbotenes investiert worden ist, unwiederbringlich verloren sein muss und das, was der Täter oder Teilnehmer willentlich und bewusst für die Begehung einer Straftat oder für ihre Vorbereitung aufwendet oder einsetzt, grundsätzlich weder ihm noch dem Drittbegünstigten bei der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mindernd zugutekommen darf.

Gerichte, Staatsanwaltschaften und die Polizeibehörden bringen das zur Verfügung stehende Instrumentarium der Vermögensabschöpfung seitdem in deutlich mehr Fällen und auch konsequenter zum Einsatz; inzwischen ist die Verteidigung immer häufiger und in nahezu allen Deliktsfeldern mit Maßnahmen zur Vermögensarrestierung beziehungsweise zur Vermögensabschöpfung konfrontiert. 

Das Modul hat das Ziel, den Teilnehmern einen Überblick über die derzeitigen Regelungen, insbesondere im Hinblick auf die zutreffende Bestimmung von Taterträgen beziehungsweise des Wertes von Taterträgen sowie den Instrumentarien zur vorläufigen Sicherung und zur endgültigen Abschöpfung zu verschaffen und Verteidigungsstrategien dagegen aufzuzeigen.

Der Vortragsteil ist aufgezeichnet; es besteht die Möglichkeit, während der Einspielung des Vortragsteils Fragen an den Referenten zu richten, die im Anschluss an die Einspielung beantwortet werden.

Referent: RA René Scheier, VBB Rechtsanwälte, Essen
René Scheier ist Rechtsanwalt der ausschließlich auf das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei VBB Rechtsanwälte in Essen. Er berät und vertritt Individualpersonen und Unternehmen in allen Bereichen des Steuer- und Wirtschaftsstrafrechts; Schwerpunkte sind insbesondere das Vermögens-, Korruptions- und Kapitalmarktstrafrecht sowie die Koordination von und Verteidigung in Umfangsverfahren. Aktuell ist er Autor der 3. Aufl. des Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht mit einer Kommentierung der §§ 73 ff. StGB.

Modul 7:
Termin wird noch bekannt gegeben

Geldwäsche & Geldwäsche-Compliance

Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus des Gesetzgebers gerückt; Beleg dafür sind neben den Änderungen des Geldwäschegesetzes (GWG) sowie des Straftatbestandes der Geldwäsche (§ 261 StGB) eine Vielzahl von Gesetzgebungsvorhaben wie dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG) vom 03.06.2021 oder dem Gesetz mit dem eingängigen Namen ›Gesetz zur europäischen Vernetzung der Transparenzregister und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1153 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 zur Nutzung von Finanzinformationen für die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen schweren Straftaten (Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz)‹ vom 25.06.2021 sowie nationaler und internationaler Aktionspläne. 

Das Geldwäscherisiko für Rechtsanwälte und Notare wird in der ersten nationalen Risikoanalyse als hoch eingestuft; auch Rechtsanwälte werden daher – wie Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer – vom Gesetzgeber vermehrt in die Pflicht genommen, bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mitzuwirken; dies betrifft insbesondere die Organisation ihrer Kanzlei sowie die Entwicklung und Implementierung eines Risikoanalyse- und Risikomanagement- sowie Dokumentationssystems und Identifizierungs- und Verdachtsmeldepflichten. 

Strafverteidiger*innen werden von diesen Pflichten nicht unmittelbar betroffen sein; aber es wird zukünftig vermehrt Beratungs- und auch Verteidigungsbedarf wegen Geldwäschevorwürfen beziehungsweise dem Vorwurf der Missachtung von Pflichten nach dem GWG geben.

Das Modul hat das Ziel, den Teilnehmern einen Überblick über die Vorschriften zur Prävention sowie zur strafrechtlichen Verfolgung (einschließlich Vermögensabschöpfung) von Geldwäsche zu verschaffen. Es wird dargestellt werden, wie Geldwäsche funktioniert und weshalb sowie in welchen Bereichen auch Rechtsanwälte davon betroffen sind beziehungsweise sein können; sodann werden der Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) sowie die Voraussetzungen einer Vermögensabschöpfung wegen Geldwäsche in Bezug auf Rechtsanwälte beleuchtet werden. Schließlich wird dargestellt werden, welche Pflichten Rechtsanwälte nach dem GWG zu erfüllen haben.

Referent: Prof. Dr. Jens Bülte
Prof. Dr. Jens Bülte ist Mitherausgeber der Neuen Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht (NZWiSt) und seit 2014 Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht an der Universität Mannheim.

Modul 8:
Termin wird noch bekannt gegeben

Verteidigung in den sogenannten ›Rennfällen‹ gegen § 315 d StGB:

Noch vor kurzem war sie eine selten gesehene Blüte im Garten des Strafprozesses: die Verurteilung eines motorisierten Verkehrsunfallteilnehmers wegen Totschlags oder Mordes oder zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe. Da musste man schon in verkehrsfremder Absicht sein Fahrzeug als Mordwerkzeug verwendet haben. Wer hingegen als Verkehrsteilnehmer mit seinem Pkw den Tod eines anderen Verkehrsteilnehmers nur unter vorsätzlicher Missachtung der Verkehrsregeln verursachte – und mag diese auch noch so gefährlich gewesen sein –, der wurde – und das auch nur wegen fahrlässiger Tötung und/oder nach § 315 c StGB – zu einer Geld- oder Bewährungsstrafe verurteilt.

Das hat sich doch ziemlich grundlegend geändert. Interessanterweise zu einer Zeit, in der die Mehrheitsgesellschaft sich vom Auto als Statussymbol so langsam verabschiedet, andererseits aber junge Migranten PS-starke Boliden als Statussymbol für sich entdeckt zu haben scheinen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Neben diesem Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung ist auch der Strafgesetzgeber nicht untätig geblieben und zeigt mal wieder die ›ganze Härte des Rechtsstaats‹. Ein zuvor im Verborgenen der StVO schlummernder Bußgeldtatbestand wird als Reaktion auf ein paar besonders medienträchtige Fälle konturenlos aufgeweicht und in Windeseile zum Straftatbestand aufgewertet. Bestimmte Fälle des Schnellfahrens sind jetzt als abstraktes Gefährdungsdelikt zum Straftatbestand aufgewertet worden, um der Polizei das Werkzeug zu geben, die ›Raserszene stillzulegen‹. Inklusive einer eigenen Einziehungsvorschrift.

Aber wie zuletzt zu oft machen ›hard cases bad law‹ und die Rechtsprechung legt überdies die nur wenig bestimmten und von weiten Teilen der Strafrechtswissenschaft als misslungen bezeichneten Tatbestandsmerkmale der neuen Norm ihre eigenen Obersätze ad absurdum führend nicht etwa eng, sondern weit aus. Sonst könnten ja die vom Gesetzgeber verfolgen Ziele nicht erreicht werden.

Die AG erörtert die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Teile der Norm und versucht, das Handwerkszeug für eine effektive Verteidigung zu vermitteln, auch gegen die Einziehung des ›Tatwerkzeugs‹ nach § 315 f StGB.

Referenten:
RA Peter Syben, Köln
PD Dr. Scarlett Jansen, Universität Trier

Modul 9:
7. Dezember 2021, 17-ca. 20.00 Uhr

Die »kleinen Geschwister« des BtMG Die Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes, des Neue psychoaktive Stoffe – Gesetzes und des Antidopinggesetzes

Im Anschluss an das von Frank Nobis im letzten Jahr referierte Betäubungsmittelstrafrecht sollen die im weiteren Sinne ebenfalls dem Drogenrecht zuzuordnenden Strafvorschriften des AMG, des NpSG und des AntiDopG in Grundzügen dargestellt werden. 

Wer über eine Verteidigung wegen Verstoßes gegen das BtMG auf eine der genannten Vorschriften stößt, wird nicht selten feststellen, dass nicht nur auf Seiten der Verteidigung, sondern auch bei der Justiz nur geringe Kenntnisse hierüber bestehen, soweit nicht bei den Staatsanwaltschaften Sonderzuständigkeiten eingerichtet wurden. Dies kann informierte Verteidigung ausnutzen.

Es erscheint jedenfalls angezeigt, Grundkenntnisse über die genannten Gesetze zu erwerben, um im Zweifelsfall auch einen leichteren vertieften Einstieg in die jeweilige Materie zu bekommen. 

Erörtert werden die unterschiedlichen Tatobjekte und Tathandlungen, die unterschiedlichen Strafandrohungen und Strafzumessungserwägungen und die Konkurrenzverhältnisse zwischen den einzelnen Straftatbeständen.

Referent:
RA Dr. Klaus Malek, Freiburg

Moderatorin:
RAin Anette Scharfenberg, Lörrach

Modul 10:
Termin wird noch bekannt gegeben

Armutsbestrafung 

Armut macht krank und ist hässlich; alleine bereits ihr Anblick stört den Seelenfrieden des Passanten, weshalb Sitzbänke an Bahnhöfen und Busstationen bereits vor vielen Jahren durch Gitternetzschalen ersetzt wurden, auf denen sich nicht lagern lässt. Städte und Kommunen setzen viel Geld und Aufwand ein, um die (sichtbare) Armut aus den Innenstädten zu verbannen. Wer arm ist gilt als ›bildungsfern‹ und ›nicht-integriert‹. Aber macht Armut auch kriminell? 

Ein Blick in die Flure der Strafgerichte scheint dies zu bestätigen. Strafe trifft in Deutschland überwiegend Unterschichten. Je weiter ›unten‹ man ankommt, desto dichter legt sich das Netz möglicher Sanktionen über das Leben. Von sog. Ausländertatbeständen über den Sozialleistungsbetrug durch Unterlassen bis zur Ersatzfreiheitsstrafe ist ein ganzer Sanktionsbereich mehr oder weniger exklusiv jenem Teil der Bevölkerung reserviert, der keinen SUV-Leasingvertrag erhält, während der ›Zugang zum Recht‹ mit abnehmenden ökonomischen und kulturellen Ressourcen (bspw. Sprache) zugleich immer schwieriger wird.

Das ist zugleich nicht neu. Die Freiheitsstrafe als Disziplinierungsinstrument hat ihren Ursprung in der Bekämpfung der Armen. »Bettler, Prostituierte, Nichtsesshafte und Vagabunden bildeten die Gruppen, auf die sich in der Vormoderne Disziplinierungsinstrumente wie Spinn- und Arbeitshäuser ausrichteten.« (H.-J. Albrecht) Bereits 1939 wiesen Rusche und Kirchheimer in ›Punishment and Social Structure‹ die enge Wechselwirkung von Strafjustiz und Klassenzugehörigkeit nach. Vor einigen Jahren löste der Soziologe Loïc Wacquant mit dem Band ›Die Bestrafung der Armen‹ eine erneute Debatte um Strafe als Instrument zur Regulierung der Armut aus.

Das Modul soll die Debatte aufgreifen und die Entwicklungen der (Straf)Rechtspolitik der vergangenen Jahre im Hinblick darauf beleuchten, wie sie die soziale Stratifizierung verfestigen und den Ausschluss der Unerwünschten durch Einschluss garantieren. 

Leitung des Moduls: Thomas Uwer, Organisationsbüro Berlin

Modul 11:
vorauss. 6. Dezember 2021, 16 Uhr

Entkriminalisierung

Rechtspolitische, nicht selten populistische Forderungen, die die Erweiterung des Strafrechts durch Einführung neuer Tatbestände oder Regelbeispiele, höherer Strafen oder erweiterter Ermittlungsbefugnisse nennen, sind nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes allgegenwärtig. Gleichwohl gibt es, vor allem in der Strafrechtswissenschaft und unter Verteidigerkollegen, auch Stimmen, die eine Entkriminalisierung fordern. Bei Konsum von – noch – illegalen Drogen, insbesondere Marihuana ist die Diskussion bereits in der gesellschaftlichen Mitte angelangt. 

Die Motive für Entkriminalisierungen sind unterschiedlich: Entlastung der Strafverfolgungsbehörden etwa bei Bagatellkriminalität wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigung oder Schwarzfahrten. Die Erkenntnis, dass nicht das Strafrecht, sondern Präventionsarbeit den Gefahren des Drogenkonsums besser begegnen kann. Auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte und sich gewandelt habende gesellschaftspolitische Vorstellungen spielen eine Rolle: In der Vergangenheit zum Beispiel bei der Abschaffung der Strafbarkeit von Ehebruch und Homosexualität, aktuell die Diskussion um § 95 AufenthG.

Zuletzt wurde das Thema auch vom Freispruch aufgegriffen: Unter dem Titel – Ist das Strafrecht oder kann das weg? – war ein Heft der Diskussion gewidmet. Auch auf dem 41. und 42. Strafverteidigertag gab es Gespräche, Vorträge und eine Arbeitsgruppe hierzu. Hier wollen wir im Online Forum Strafverteidigung 2021 ansetzen und werden dazu von unseren Referenten Prof. Dr. Harrendorf und Prof. Dr. Pollähne in zwei Vorträgen an das Thema herangeführt. Im Anschluss besteht Gelegenheit für eine rechtspolitische Diskussion und einen verteidigungspraktischen Austausch.

Eine weitere Einführung finden Sie hier: http://strafverteidigervereinigungen.de/freispruch/texte/uwer14_mussweg.pdf

Referenten:
Prof. Dr. Harrendorf, Uni Greifswald
RA Prof. Dr. Helmut Pollähne, Bremen (angefr.)
Leitung des Moduls: RA Dr. Momme Buchholz, Kiel

Modul 12:
vorauss. 29. November 2021

NS-Kontinuitäten an den Obergerichten

Während viele Bundesbehörden bereits vor Jahren begonnen haben, ihre nationalsozialistische Vergangenheit und deren Kontinuitäten nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland zu erforschen, blieben BGH und Co. lange Zeit untätig. Im überkommenen justiziellen Standesbewusstsein spielte die Traditionsbildung eine deutlich größere Rolle als die kritische Selbstbefragung. Inwieweit NS-Juristen die institutionelle Kultur und die Rechtsprechung prägten, ob und wie es bei ihnen – im Wege der Anpassung? – zu veränderten Einstellungen kam, welche alten (und neuen Netzwerke) an den Gerichten wirkten ist bis heute weitgehend unaufgearbeitet.

Erst in jüngster Zeit wurden verschiedene Forschungsprojekte ins Leben gerufen, die allerdings von Historiker*innen u.a. wegen des Fehlens von transparenten Vergabekriterien nicht ohne Kritik betrachtet werden. 

Die Diskussionsveranstaltung wird der Frage nach dem ›kollektiven Beschweigen‹ der Vergangenheit durch die Obergerichte nachgehen und den Stand der Forschungstätigkeit nebst der Kritik daran in den Fokus stellen. 

Referent*innen: 
Prof. Dr. Annette Weinke, Historikerin, Universität Jena
Dr. John Philipp Thurn, Richter am Sozialgericht Berlin, Mitglied im Vorstand des Vereins ›Forum Justizgeschichte‹

Moderation: RAin Angela Furmaniak, Lörrach

Modul 13:
voauss. 30. November 2021

Rechte Tendenzen innerhalb der Polizei und der Justiz

Die Diskussion über Nazichats und rechtsextreme Tendenzen innerhalb des Polizeiapparats ist nicht lediglich ein abstraktes mediales Thema, das im Kontext von Black-Lives-Matter mehr Öffentlichkeit bekommen hat. Vielmehr hat die Tatsache, dass es innerhalb der Polizei antidemokratische Strukturen und bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Polizist*innen rassistische, autoritäre oder sogar rechtsextreme Einstellungen vorhanden sind, ganz praktische Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der Polizei. 

Was heißt das konkret? Welche Konsequenzen hat z.B. Racial Profiling für die Ermittlungsarbeit der Polizei in einem Strafverfahren und wie setzt sich diese Wirkung im gerichtlichen Verfahren fort? Wie nimmt die Polizei das Problem selbst wahr und was tut sie, um den genannten Tendenzen entgegen zu steuern? Was bedeutet das für unsere konkrete Arbeit als Strafverteidiger*innen? 

Referent*innen: 
Prof. Karoline Starkgraff, Akademie der Polizei Hamburg
Prof. Dr. Tobias Singelnstein, Ruhr-Universität Bochum
RA Dr. Bernd Wagner, Hamburg

Moderation: RAin Angela Furmaniak, Lörrach

Modul 14:
Termin wird noch bekannt gegeben

Plattform Rassismus

Rassismus in der Justiz und im Strafverfahren ist kein neu aufgetretenes Phänomen. Rassismus ist Substrat der weißen Mehrheitsgesellschaft und damit auch der Teilhaber am Justizbetrieb. Rassismus wurde und wird in der Gesellschaft und in der Justiz tabuisiert. Untersuchungen und Veröffentlichungen zu dem Thema gibt es kaum und nur sehr vereinzelt. Erfahrungen der von Rassismus betroffenen Menschen werden marginalisiert, ergo nicht beachtet. Das ist (auch) der zugrunde liegenden Problematik des institutionalisierten Rassismus geschuldet. Erst in den letzten Jahren gewinnt das Thema an öffentlicher Wahrnehmung. Immerhin gibt es in den Jahren 2018 und 2019 mehrere erschienene Publikationen zum Thema.

Auf dem 40. Strafverteidigertag 2016 in Frankfurt am Main wurde dieses Thema erstmals Gegenstand einer Arbeitsgruppe. In der Diskussion darüber, ob die Arbeitsgruppe stattfindet, wurde daran gezweifelt, dass dies ein den Tag füllendes Thema sein könne. Bezeichnenderweise haben in der Arbeitsgruppe nur weiße Menschen – mit antirassistischem Impetus – referiert. 

Eine Plattform Rassismus ist die Idee, das Thema im Rahmen der Strafverteidigertage bzw. des Onlineforums Strafverteidigung zu verankern, regelmäßig über Entwicklungen, Fort- und Rückschritte zu berichten und zu diskutieren. 

Das Modul Plattform Rassismus auf dem Online Forum Strafverteidigung 2021 soll aus drei Teilen bestehen:

1. Videokurzberichte / Texte (zum Alltagsrassismus)
2. Workshop: Hier sollen Mechanismen des Rassismus auch der Teilnehmer*innen herausgearbeitet werden.
3. Begleitende Diskussion über das Thema ›Rassismus in der Strafjustiz‹ 

Leitung des Moduls: RA Tim Burkert, Hamburg

Modul 15:
Termin wird noch bekannt gegeben

Vier Jahre nach G20 in Hamburg – Der Scholz’sche Polizeistaat und seine Folgen

Rund vier Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg mit einer bis dahin beispiellosen Belagerung der Stadt durch die Polizei spüren wir die Nachwirkungen noch immer. Die G20-Prozesse sind keineswegs abgeschlossen. G20-Urteile, z.B. zur extensiven Auslegung des Tatbestandes des schweren Landfriedensbruches, haben bundesweite Auswirkungen für den Umgang der Justiz mit politischem Protest.

Die Veranstaltung 
• gibt einen Überblick über die Strafverfahren gegen Demonstrant*innen (u.a. die »Rondenbarg-Verfahren«, das »Elbchaussee-Verfahren«, das »Fabio-Verfahren«);
• stellt die Frage, was wir aus der Verteidigung in den bisherigen Verfahren für zukünftige Hauptverhandlungen lernen können:
• beleuchtet die Frage nach der (fehlenden) Sanktionierung von Polizeigewalt
• stellt die neuerlichen Verschärfungen des Polizeirechts in den Gesamtzusammenhang mit polizeilichen Großeinsätzen (G20, Hambacher Forst, IAA-Proteste)

Die Veranstaltung wird als Diskussion im Talkshowformat stattfinden. Nach der Ausstrahlung diskutieren die Teilnehmer*innen in einer offenen Videokonferenz mit allen Interessierten.

Teilnehmer*innen:
– Gabriele Heinecke, Strafverteidigerin, Sprecherin des anwaltlichen Notdienstes bei G20, Verteidigerin von Fabio V. („Rondenbarg-Verfahren“) und im „Elbchausseeverfahren“
– Matthias Wisbar, Strafverteidiger, Sprecher des anwaltlichen Notdienstes bei G20, Mitglied im Vorstand der HHer Strafverteidiger*innen Arbeitsgemeinschaft, Verteidiger in vielen G20-Verfahren (u.a. auch im „Elbchausseeverfahren“)
– Christiane Schneider, Die Linke, ehem. Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft (angefragt!)
– Emily Laquer, Aktivistin, „Interventionistische Linke“ (angefragt!)
– Tobias Singelnstein, Kriminologe, Ruhr-Universität Bochum, Mit-Autor der empirischen Studie zu Polizeigewalt (angefragt!)
– Katharina Schipkowski, Journalistin bei der taz 

AG-Leiter und Organisation: RA Arne Timmermann, Rechtsanwalt, Hamburg

Modul 16:
Termin wird noch bekannt gegeben

Strafverteidigung gegen Pressemitteilungen der Justiz

Die justizielle Medienarbeit greift ein in das allgemeine Persönlichkeitsrecht unserer Mandanten und die sie schützende Unschuldsvermutung. Gerade in jüngerer Zeit zeigen Strafverfahren mit außerordentlichem medialen Interesse, wie groß die Bedeutung der Pressemitteilungen der Justiz sein kann.

In dem Modul sollen der Umfang und die Grenzen strafjustizieller Informationen und Auskünfte gegenüber den Medien einerseits sowie der korrespondierenden Rechtsschutz des normativ Unschuldigen geklärt werden. Darüber hinaus soll erörtert werden, ob die Medienarbeit der Justiz in strafrechtlichen Angelegenheiten einer gesetzlichen Regelung bedarf.

Leitung des Moduls: RA Daniel Amelung, München

Abschlussveranstaltung – Live aus Berlin
12. Dezember 2021, 18-ca.20.0

Thema wird noch bekannt gegeben